Die rechtliche und technische Bewertung von Verträgen mit Cloud-Anbietern
Cloud-Dienste sind das Rückgrat der digitalen Infrastruktur – ob für Unternehmen, Verwaltungen oder kritische Infrastrukturen. Doch wer Cloud-Services anbietet, muss eine Vielzahl an gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Insbesondere Datenschutz, Datensicherheit und Compliance stehen im Mittelpunkt regulatorischer Kontrolle. Für Anbieter mit Kunden in der EU gelten dabei strenge Regeln – von der DSGVO bis hin zur neuen NIS2- und DORA-Verordnung. Diese Übersicht zeigt, welche rechtlichen Pflichten Cloud-Anbieter kennen und einhalten müssen.
DSGVO: Was müssen Cloud-Anbieter beachten?
Als Cloud-Anbieter gelten Sie in der Regel als Auftragsverarbeiter gemäß Art. 28 DSGVO. Daraus ergeben sich u. a. folgende Pflichten:
- Vertrag zur Auftragsverarbeitung (AV-Vertrag): Muss mit jedem Kunden bestehen und klare Regelungen zur Datenverarbeitung enthalten.
- Technisch-organisatorische Maßnahmen (TOMs): Schutz der Daten vor Verlust, unbefugtem Zugriff oder Manipulation.
- Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten: Anbieter müssen intern dokumentieren, welche Daten wie verarbeitet werden.
- Transparenzpflichten: Kunden müssen über Speicherort, Subdienstleister und Datenflüsse informiert werden.
- Drittstaatentransfers: Datenverarbeitung außerhalb der EU nur mit Standardvertragsklauseln oder gleichwertigen Garantien zulässig.
Tipp: Anbieter sollten ein strukturiertes Datenschutz-Management-System (DSMS) etablieren – idealerweise zertifiziert (z. B. nach ISO 27701).
IT-Sicherheitspflichten: NIS2 und kritische Dienste
Mit Inkrafttreten der NIS2-Richtlinie werden viele Cloud-Provider zu „wesentlichen“ oder „wichtigen“ Einrichtungen im Sinne der Cybersicherheit. Daraus folgen:
Pflicht | Bedeutung |
---|---|
Risikomanagement | Einführung eines Sicherheitskonzepts, inkl. Notfallpläne und Schwachstellenmanagement |
Meldepflichten | Sicherheitsvorfälle müssen binnen 24 Std. an das BSI gemeldet werden |
Lieferkettenkontrolle | Auch Subanbieter und Rechenzentren müssen überprüft und vertraglich eingebunden werden |
Pflicht zur Geschäftsleitung | Verantwortung liegt bei der Geschäftsführung, nicht nur bei der IT |
Hinweis: Auch kleinere Anbieter können unter die NIS2 fallen – entscheidend ist die Systemrelevanz, nicht die Mitarbeiterzahl.
Compliance im Finanz- und Versicherungsbereich: DORA & BaFin-Regelwerke
Cloud-Anbieter, die mit Banken, Versicherungen oder anderen regulierten Finanzunternehmen kooperieren, unterliegen zusätzlichen Vorschriften:
- DORA-Verordnung (ab 17.01.2025): Verpflichtet Anbieter zu Informationspflichten, Prüfungen und Meldungen bei Ausfällen.
- Direkte Überwachung durch ESAs/BaFin: Besonders bei systemrelevanten IT-Dienstleistern möglich.
- BAIT / VAIT / KAIT: Technische Verwaltungsanforderungen an IT-Dienstleistungen in Deutschland.
Achtung: Wer als wesentlicher Drittanbieter gilt, muss sich auf Audits und direkte Regulierung einstellen.
Vertragliche und technische Mindeststandards
Cloud-Anbieter sollten folgende Standards erfüllen:
- Transparente SLAs und AV-Verträge, die Speicherort, Löschfristen und Support klar regeln.
- Zertifizierungen wie ISO 27001, BSI C5, SOC 2 (Typ II) erhöhen die Akzeptanz bei Unternehmenskunden.
- Technische Absicherung: Multi-Faktor-Authentifizierung, Verschlüsselung (im Transit & at Rest), physische Rechenzentrumssicherheit.
Praxis-Tipp: Ein Trust-Center oder öffentliches Compliance-Portal kann die Informationspflichten elegant bündeln.
Was droht bei Verstößen?
Regelverstoß | Mögliche Folge |
---|---|
DSGVO-Verstoß | Bußgelder bis 20 Mio. € / 4 % des Umsatzes |
NIS2-Verstoß | Sanktionen durch nationale Behörden, Veröffentlichung von Vorfällen |
DORA-Nichteinhaltung | Ausschluss von Finanzdienstleistungen, Reputationsschäden |
Fehlende Zertifizierungen | Wettbewerbsnachteile oder Ausschluss aus Ausschreibungen |
Wie Cloud-Nutzer Verträge rechtssicher abschließen und prüfen können, lesen Sie hier:
👉 Cloud-Dienste und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen | Cloud-Vertrag abschließen: Worauf Unternehmen achten sollten
FAQ – Cloud-Anbieter & rechtliche Vorgaben
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Bin ich als Anbieter automatisch Auftragsverarbeiter?
Ja, sobald Sie im Auftrag personenbezogene Daten für Kunden verarbeiten – was bei Cloud-Diensten meist der Fall ist.
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Was verlangt die NIS2-Richtlinie konkret?
Ein umfassendes Sicherheitsmanagementsystem, Vorfallmeldungen, Kontrolle der Subdienstleister und klare Verantwortlichkeiten.
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Brauche ich zwingend ISO-Zertifizierungen?
Nicht zwingend – aber sie sind oft Voraussetzung bei Ausschreibungen und verbessern die Compliance-Nachweise erheblich.
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Gilt DORA auch für ausländische Anbieter?
Ja – wenn Sie Cloud-Dienste für in der EU regulierte Finanzinstitute bereitstellen, unterliegen Sie den Pflichten der DORA-Verordnung.