FinTech-Hybride: Struktur, Compliance-Risiken
Die Finanzbranche befindet sich seit Jahren in einem radikalen Wandel – getrieben von Technologie, disruptiven Geschäftsmodellen und wachsendem Innovationsdruck. In diesem Umfeld haben sich sogenannte FinTech-Hybride etabliert: Unternehmen, die klassische Finanzdienstleistungen mit innovativer Technologie verbinden. Diese hybriden Geschäftsmodelle kombinieren die Flexibilität von Startups mit der Funktionstiefe traditioneller Finanzinstitute. Doch genau diese Symbiose bringt erhebliche rechtliche und regulatorische Herausforderungen mit sich.
Was sind FinTech-Hybride?
Ein FinTech-Hybrid ist kein klar definierter Rechtsbegriff, sondern beschreibt Unternehmen, die verschiedene Rollen in der Finanzdienstleistungskette einnehmen – oft gleichzeitig als technischer Anbieter, Zahlungsdienstleister, Datenverarbeiter und Plattformbetreiber. Diese Konvergenz führt dazu, dass mehrere gesetzliche Regime (z. B. ZAG, KWG, DSGVO) parallel gelten können.
Typische Beispiele:
- Digitale Kreditvermittler mit KI-gestützter Bonitätsprüfung
- Plattformen zur automatisierten Vermögensverwaltung (Robo-Advisory)
- Anbieter tokenisierter Anlageprodukte über Blockchain-Infrastruktur
Juristische Herausforderungen: Wer reguliert was?
Das Hauptproblem: FinTech-Hybride bewegen sich oft im „grauen Bereich“ der Regulierung. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) prüft im Einzelfall, ob eine Lizenzpflicht vorliegt – z. B. nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) oder Kreditwesengesetz (KWG).
Risiken für Unternehmen:
- Unbeabsichtigte Erlaubnispflicht: Selbst kleinere Dienste wie Kontoinformationszugang können lizenzpflichtig sein
- Haftung für Drittleistungen: Werden externe IT-Dienstleister eingebunden, kann dies zu Aufsichts- und Haftungsrisiken führen
- Fehlende Governance-Strukturen: Viele FinTechs unterschätzen ihre organisatorischen Pflichten in Bezug auf Risikomanagement und Datenschutz
Compliance-Strategien: Frühzeitige Klarheit schützt vor Sanktionen
FinTech-Hybride müssen bereits in der Konzeptionsphase rechtlich „mitdenken“. Dies betrifft insbesondere:
- Lizenzfragen: Frühzeitige Klärung, ob eine BaFin-Erlaubnis erforderlich ist (z. B. für Krypto-Verwahrung, Zahlungsauslösung oder Factoring).
- Vertragliche Ausgestaltung: Kooperationen mit Banken oder IT-Partnern erfordern klare vertragliche Regelungen – insbesondere zu Verantwortlichkeiten und Kontrollrechten.
- Datenschutz-Architektur: DSGVO-konformes Datenmanagement ist essenziell. Die Einwilligung der Nutzer und Transparenz über Datenflüsse müssen rechtlich sauber dokumentiert sein.
- Organisatorische Anforderungen: Interne Kontrollsysteme (IKS), Risiko- und Compliance-Management müssen dokumentiert und nachweisbar sein.
Technische Integration: Hohes Tempo, hohe Risiken
Viele FinTechs bauen auf bestehende IT-Lösungen (z. B. API-Schnittstellen zu Banken), die nicht für regulatorische Zwecke ausgelegt sind. Dies kann zu Sicherheitslücken und nicht-zulässiger Datenverarbeitung führen.
Praxis-Tipp: Die technische Infrastruktur sollte vor dem Live-Betrieb durch juristisch-technische Audits überprüft werden – idealerweise in Zusammenarbeit mit spezialisierten Kanzleien und IT-Firmen.